Mykene: Der Fokus verschiebt sich auf Krieg & Stärke

Was sich in der Symbolik um Europa und später im „Stiermann“ Minotaurus bereits auf Kreta ankündigt, sollte der mykenischen Kultur des griechischen Festlands sowohl zu zentraler Macht verhelfen wie später ihren Untergang besiegeln.

Fasziniert von den kulturellen Errungenschaften der minoischen Kreter, eiferten ihnen die sich etablierenden Stadtfürsten & späteren Palastherrscher des griechischen Festlands ehrgeizig nach, übernahmen zunächst nicht nur die Sprache sondern integrierten Vieles an Gebrauchsgegenständen sowie Grundlegendes aus Kunst & Architektur, lernten auch von der wirtschaftlichen Organisation der kretischen Palastwirtschaft.

Ratto_di_Europa_III_sec._d.C.-1038x576minoische Kultur aus Kreta? Hier finden Sie was..

weiblicheSymboleweiblicher Ursprung der Symbolik des Stiers? Das glauben Sie nicht? Ja auch – lesen Sie, wenn Sie mögen..

Ab ca. 1350 v. Chr. errichteten sie  dafür ebenso mächtige Paläste, 640px-Mykenemachten daraus aber wehrhafte Festungen mit massiven meterdicken Mauern & Zisternen (riesige Wasserspeicher) für den Fall möglicher Belagerungen an strategisch sinnvollen Orten wie z. B. Mycenaean_Greece_cut-plPylos & Mykene auf Seiten des Peleponnes oder auch Theben & Athen jenseits des Golfs von Korinth …..

 

 

 

Kein Wunder, denn die herrschende Klasse, die dort seit Jahrhunderten von Norden her Einzug in vormals bäuerliche Strukturen genommen hatte, war der sogen.  Kriegeradel, der fortan die sich formierende Gesellschaft streng hierarchisch in seinem Sinn Chariot_Pylosdurchstrukturierte, um künftig einerseits ungehindert seiner raum- & besitzergreifenden Gesinnung640px-Gold_Objects_from_Grave_III_(Grave_Circle_A)_6 zu folgen (Alles, was den Sieg bedeutet, wird gefördert) und andererseits elitär im erbeuteten Luxus zu schwelgen.

Die bis heute rätselhafte Linearschrift A der Kreter entwickelten die Mykener zur sogen. Linearschrift B,612px-NAMA_Tablette_7671 die als direkter Vorläufer des späteren Altgriechisch gilt und, im Gegensatz zum A-Typ, sehr wohl von unseren Experten entziffert werden konnte, weshalb wir etwas mehr an Stichhaltigem aus dieser Epoche meinen zu wissen – neben dem, was uns „Homer & Co“ Jahrhunderte später mit auf den Weg gaben..

Warum so zögerlich?

Weil es auch ganz andere Deutungen um die Rätselhaftigkeit von Kreta, seine Paläste, Europa & Minotaurus zumindest gibt – wenn sie auch relativ einsam in Expertenkreisen dazustehen scheinen.

Schauen sie mal hier in den Artikel der Zeit-Online aus den 70ern..

Palazzo_Minosse7Eine interessante Theorie und „stimmt(?)“, v. a. die mysteriös ungenutzten, viel zu weichen Böden des Palastes von Knossos, von denen ich auch aktuell etwas gelesen habe, ließen auch mich stutzen.

Darüber und über die merkwürdige Tatsache, dort auf Kreta fürwahr bis dato überhaupt keine sterblichen Überreste aus der minoischen Zeit gefunden zu haben (zumal damals v. a. der Totenkult sonst jede Kultur prägte), Kreta aber gleich zu einer Art 100%iger reiner Totenkultstätte & Fake zu erklären, geht mir persönlich etwas weit. Immerhin stehen die sonstigen Erkenntnisse ja durchaus im Einklang mit anderweitigen Entwicklungen von Kultur – wie hier im Blog dargestellt.

5925804655_9555b3278f_zNein, eher bringt mich das und die existierende Vermutung, Knossos mit seinen vielen Räumen & Gängen sei (wie?) das Labyrinth, in dem der schreckliche Minotaurus gehaust haben soll, zum wiederholten Blick in jene Geschichte..

  Mythos um Minotaurus – eine Kurzfassung für Sie

Wirklich schlauer macht uns die Anleihe an Homers Ilias aber nicht. Bestenfalls zeigt diese Passage, wie fasziniert die Griechen von dem traditionell kraftvollen Sinnbild des Stieres gewesen sein müssen.. Vielleicht auch wie bemüht – im Nachhinein – den alten, kulturübergreifenden Mythos geschickt in Gänze erst zu polarisieren, um ihn infolge zu demontieren?

220px-Theseus_Minotaur_Ramey_TuileriesDenn letztlich wird das vormals zumeist ehrenvolle bis heilige Symbol des Stiers über die Beliebigkeit seiner möglichen Inhalte (erst göttliche Facette und Inbegriff von Schönheit & Kraft, dann göttliche List, dann  bösartiges, rein tierisches Ungeheuer ohne alternative Wesenszüge, Zeichen der Schande, Schwäche der Frau) in Verbindung mit Zeugungskraft & allein männlicher Kampfbereitschaft der Sterblichkeit preisgegeben & entweiht.

Zurück zu Mykene,

das eine einende Vormachtstellung unter all den Stadtstaaten, nicht zuletzt durch die Vereinnahmung Kretas & der Kykladen um ca. 1450 v. Chr, für immerhin gute 150 Jahre erreichte und das trotz  aller Intrigen & Begehrlichkeiten, trotz aller Mordgelüste, Bestialitäten und haltlos inzestuösem Verhalten, die sich nun überall innerhalb der königliche(n) Sippe, quer über das gesamte Festland & fern aller existentiellen Notwendigkeiten – ganz wie im Mythos der Götter – ungehindert im vertikalen Denken von Ego &  Macht breit machten.

IMAG0546Gesellschaftliches Vorbild aller Palastkultur und Basis solch fragwürdig überhöhter Bedürfnisbefriedigung war fortan die Spitzenstellung innerhalb der Hierarchie des sogen. wanaka oder wanaks, welcher in der Burganlage seiner Oberstadt opulent im zentralen Megaron thronte, sowohl die wirtschaftliche als auch militärische wie religiöse Oberhand genoss und nun, wie naturgegeben, selbstverständlich ein Mann war.

350px-Boars's_tusk_helmet_NAMA6568_Athens_Greece1Direkt unter einem solchen König, stand der gleichfalls männliche Lawagetas als Vertreter des adligen Kriegerstandes und somit (zweiter) Oberbefehlshaber des Heeres. Orchomenos_boar_tusk_helmets

Hierunter „tummelte“ sich der restliche Adel samt aller Unterlegenen edler Herkunft als Gefolge.

627px-La_Dame_de_Mycènes,_frescoDem untergeordnet standen zahlreich ernannte Beamte mit ihrer spezifisch verwaltenden Macht & organisatorischen Befugnis über einzelne Provinzen u. ä.  sowie der sogen. Schlüsselhalter in besonderer Stellung unter ihnen, der offensichtlich als „letzte weibliche Bastion“, neben letzten Priesterinnen, einer Frau vorbehalten blieb, aber in ihrer Funktion aus heutiger Perspektive nicht näher erschließbar scheint.

Erst dann folgte das „normale“ Volk als breit gefächerte Einnahmequelle & produktive Arbeitskraft für alle Bereiche, gegliedert in vorrangige Großgrundbesitzer, viele Bauern (=Pächter) und am Ende der Hierarchie Sklaven & Kriegsgefangene.

Was um 1200 v. Chr. den Untergang aller Palastkulturen Mykenes

verursacht haben mag, bleibt hingegen offen. Möglichweise trafen mehrere Ursachen aufeinander, die sowohl zu der flächendeckenden Zerstörung aller Paläste als auch zu einem frappanten Bevölkerungsrückgang in der direkten Folgezeit führte.

Da dieser Niedergang aber letztlich nahezu alle Hochkulturen des Mittelmeers betraf, sprechen viele Experten, neben klimatischen Veränderungen & möglichen, weitreichenden Katastrophen, noch immer vom Einfall diverser Seevölker aus dem Norden. Speziell bei den Griechen thematisieren sie aber auch eine gewisse Aushöhlung, naheliegende Verausgabung & gegenseitige Schwächung der Macht durch besagten „Kriegs- & Eroberungshunger“, dem die herrschende Klasse der Königssippe & des Kriegeradels sowohl extern wie intern exzessiv gefrönt haben muss.

So schloss auch diese Aera mit den sogen. dunklen Jahrhunderten, die zunächst viele kulturellen Errungenschaften, auch besagte Linearschrift B der Mykener, mit sich nahm & „verschlang“, was die genaue Rekonstruktion dieser vielen Jahrzehnte bis heute eben „in jenem Dunkel versinken ließ“.

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Sorry für die leichte Verzögerung, aber mein halber Beitrag hatte leider zwischenzeitlich „nen Abgang“ gemacht. 🙁

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