AfD-Programm Knackpunkt 8: Integration versus Identität

Ob jetzt oder später.. Wenn aktuell nicht klar von der Hand zu weisen ist, dass Einheimische einen jugendlichen Flüchtling womöglich zum Sprung in den Selbstmord animiert haben könnten und dementierende Nachuntersuchungen nicht für jeden glaubwürdig klingen, geht es in diesem Land um weit mehr als Integration.

Verstehen Sie mich nicht falsch – ich unterstelle nichts!

Allein der Zweifel – sowohl als auch – plus die Flut an ähnlichen Taten, die nachweisbar tatsächlich geschehen, dokumentieren in meinen Augen, wie wir uns in Deutschland und auch in mancher anderen Ecke Europas immer weiter von den eigenen humanistischen Werten, aus denen unser „Exklusiv-Friede“ überhaupt erst wachsen konnte, entfernen.

"Wir sind das Volk" schreit eine Grimasse durch die Deutsche FlaggeDas denke jedenfalls ich aus aktellem Anlass der Berichte aus Schmölln in Thüringen vom vorletzten Freitag ff.  und beziehe mich im Weiteren auf die Inhalte & Fakten meines Artikels von Anfang des Jahres..

Die AfD meint hier grundsätzlich in Ihrem 96-seitigen Programm (hier S.63):

„Gelingende Integration..

fordert von Einwanderern jeden Alters nach einer angemessenen Zeit die Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift, die Achtung und gelebte Bejahung unserer Rechts- und Gesellschaftsordnung sowie den Verdienst  des eigenen Lebensunterhalts.“

Das ist die Idealvorstellung hört sich ein bisschen nach dem wohlüberlegten & soliden Einwanderer an,  der weitgehend reibungslos, wie der Schokotropfen im Teig, bei uns untergehen, in unserer Gesellschaft aufgehen soll. Es lässt aber zweierlei offen:

  1. Was mit all jenen passieren soll, die als gebrochene Seelen in unser Europa flüchten mussten, um überhaupt zu überleben und
  2. Welche Rolle wir als Europäer & Deutsche übernehmen sollten, um Integration auch gelingen zu lassen.

Die AfD beruft sich indes auf den allseits nachvollziehbaren Konsens deutscher Parteien als Grundvoraussetzung zu gelingender Integration seitens der Anderen – derer, die zu uns gehören möchten:

  1. unsere Sprache,
  2. paragraph-386042unsere Gesetze & Ordnung,
  3. Eigenverdienst des Lebensunterhaltes

und wünscht sich für die Eingliederung die nahtlose Anpassung:

Assimilation als weitestgehende Form der Integration ist zwar anzustreben, aber nicht erzwingbar.“

Herzlichen Dank für die Erkenntnis, dass man nahtlose Anpassung nicht erzwingen kann – immerhin 😉 . Hintergrund aber ist – wen wundert’s – die Behauptung der AfD:

„.. die multikulturelle Gesellschaft ist gescheitert. Um mit Einwanderern in der Zukunft friedlich zusammenleben zu können, ist deren Integration unerlässlich. Nur so lässt sich auch das weitere Vordringen von Gegen- und Parallelgesellschaften in unserem Land verhindern.“

myfest1_c_MyFestCrewNa da sind die Damen & Herren der AfD bei mir als Berlinerin ja an der richtigen Adresse – Berlin weiß, wovon die Rede ist.

„Multi-Kulti ist keinesfalls tot! Und in wiefern dies zu einem (?)weiteren(?) Vordringen(??) nicht integrierter, weil aktuell nicht gesellschaftskonformer Teile führt, bleibt ebenso unbelegt, wie deren Formierung oder Organisation zu Parallel- oder gar gegnerisch eingestellten & damit womöglich gefährlichen Partialgesellschaften für den Frieden unserer..“, würde ich spontan entgegnen. Aber was ist eigentlich dieser..

Multikulturalismus genau?

Man denkt, man weiß, dass damit ein buntes kulturelles Miteinander gemeint ist.  Lt. Definition aber, geht es mehr um ein respektvolles & gleichwertiges  Nebeneinander der verschiedenen Kulturen in Abgrenzung übrigens zum

  • Melting Pot, der amerikanische "Schmelztiegel" 1916 illustriertsogen. Melting Pot (der Schmelztiegel = klassisches Ursprungsbeispiel USA), in dem sich die Kulturen langfristig über die einzelnen Menschen  und  deren Generationen zu einer gemeinsamen Kultur mischen, ebenso wie im Unterschied zu einer
  • dominanten Nationalkultur (= Leitkultur?).

Und schon sind wir mittendrin im Thema, so wie die AfD es für Deutschland sieht und auf S. 47 übertitelt:

„Deutsche Leitkultur statt Multikulturalismus“

und weiter jene „Deutsche Leitkultur“ anhand folgender Ursprünge umschreibt:

  1. „.. der religiösen Überlieferung des Christentums,..“
  2. „.. der wissenschaftlich-humanistischen Tradition..“ und
  3. „.. dem römischen Recht, auf dem unser Rechtsstaat“ fuße.

Und weiter..

„Gemeinsam liegen diese Traditionen nicht nur unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zugrunde, sondern prägen auch den alltäglichen Umgang der Menschen miteinander, das Verhältnis der Geschlechter und das Verhalten der Eltern gegenüber ihren Kindern.

Das liest sich zunächst zurecht überzeugt von der errungenen  Stabilität der eigenen (nationalen) Werte und reflektiert bis in erste Details des relevanten Alltags.

leitkultur_guidoedmund
Die Zweispältigkeit des Themas ist dabei weder AfD-spezifisch noch neu.

Direkt danach aber wird die Richtung in folgendem AfD-Kernzitat eindeutig klarer:

„Die Ideologie des Multikulturalismus, die importierte kulturelle Strömungen auf geschichtsblinde Weise der einheimischen Kultur gleichstellt und deren Werte damit zutiefst relativiert, betrachtet die AfD als ernste Bedrohung für den sozialen Frieden und für den Fortbestand der Nation als kulturelle Einheit.

Ihr gegenüber müssen der Staat und die Zivilgesellschaft die deutsche kulturelle Identität als Leitkultur  (?)selbstbewusst(?) verteidigen.“

Ich weiß ja nicht, wie Sie das sehen. Aber ich finde das für Deutschland überhaupt nicht seines Selbst bewusst, eher entlarvend anmaßend und damit anderen Kulturwerten gegenüber in  keiner Weise fair oder gar demokratisch offen, weil pauschal degradierend und somit für das mitteleuropäisch gelegene, föderale Deutschland selbst: geschichtsblind.. in mehrfacher Hinsicht, wie sich noch zeigen wird!

Vielmehr wirkt diese Passage auf mich..

  • sowohl angstgetrieben als auch krampfhaft chauvinistisch auf ein falsches, weil viel zu engstirnig gefasstes, national geprägtes Kulturverständnis begrenzt,
  • abermals mit der Aggression von polarisierenden Kampfesworten durchzogen

und damit wohl kaum am sozialen Frieden wirklich interessiert!

Folglich – das allerdings ist lediglich meine Meinung – ist diese Haltung völlig ungeeignet – sowohl als Basis einer gegenseitig aufgeschlossenen Integration als auch für ein friedliches Mit- bzw. respektvolles Nebeneinander.

integrationaberwie

Der Ansatz der Leitkultur ist kein nationaler!

Aufgebracht hat den Begriff der „Leitkultur“ zur Jahrtausendwende Bassam Tibi, deutscher Politikwissenschaftler syrischer Herkunft und – als Hafiz – auch innerhalb der Welt des Islam hoch angesehener Experte mit beidseitig fundiertem Einblick in Orient & Okzident.

Tibi, der Name, der Ihnen übrigens schon in IslamBirkenbihlVera Birkenbihls „Basiskurs ad Islam“ in folgendem, zum Verständnis kaum verzichtbaren, ca. 100-minütigen Video..

religion-882281innerhalb meines Artikels: „Den (einen) Islam gibt es nicht“, begegnet sein sollte.

 

Tibi sprach allerdings aus gutem Grund & ausdrücklich von der übernationalen europäischen Leitkultur, also einem wesentlich weiter gefassten Kulturraum und dessen verbindlichen Werten als vorrangige Orientierung auf dem Territorium, wo diese Werte einst gewachsen & nun heimisch sind  (sicher inkl. Deutschland, aber eben nicht gesondert oder gar führend hervorgehoben).

Das macht Sinn und sucht nach Vereinbarkeit & Einbettung, wo es ernsthaft um Integration geht.. – gerade mit Blick auch auf die deutsche Geschichte & Kultur, sowohl mit den verschiedensten Einflüssen sämtlicher Volksbewegungen in Mitteleuropa, samt wechselnden Machtverhältnissen über Jahrhunderte hinweg, als auch in Reflektion darauf, was falscher Nationalstolz & deutscher Größenwahn speziell zwischen 1933 & 1945 angerichtet haben.

// Aus dem kritischen Geist Tibis stammen übrigens auch die Begriffe des weitgehend kompromisslosen bis fundamentalistischen „Scharia-Islam“, oder auch „Kopftuch-Islam“ genannt, und die Vision des Gegenstücks: der den westlichen Werten gegenüber aufgeschlossene „Euro-Islam“.

Ebenso wie Tibi zur näheren Auseinandersetzung über sogen. Parallelgesellschaften maßgeblich seit Anfang der 90er Jahre beiträgt – allesamt also politische Begriffe, die zur Debatte über bis dato (beidseitig?!) vernachlässigte Integrationsbestrebungen bzw. als Umschreibung bisheriger Motive & Zielvorstellungen einzelner beteiligter Gruppierungen hierbei eingeführt & penetriert wurden. //

Was aber macht eine (kulturelle) Identität aus?

Zunächst ganz allgemein, anschließend dann jene Identität, die es hier vor Ort zu bewahren oder auch (zu schützen?) gilt.

Ihre Identität stellt nicht nur Ihr Personalausweis fest. Sie ist generell einer der Kernbegriffe Ihrer & meiner Persönlichkeit – insoweit auch ein immer wiederkehrendes Thema hier im Blog, der sich um Ihre individuelle Persönlichkeit „dreht“, anhand derer wir uns immer wieder neu verorten & verankern in dieser ziemlich dynamischen Welt. Die Zuordnung, die persönlich individuelle Bestimmung ist letztlich die Funktion bzw. der Wert unserer Identität für unser Sein.

In der Psychologie spricht man von Ich-Identität, die es individuell für jedes menschliche Individuum von Kindesbeinen an, allein für sich selbst, zu entwickeln gilt.

Urvertrauen_fig-257426+TextDas betrifft z. B. das Feld der Entwicklungspsychologie nach Erik H. Erikson, wie hier in einem ersten Beitrag ( aus bis dato einer Artikel-Trilogie)  im Blog bereits angeschnitten..

Was bei dem Einzelnen auf das Begreifen der unverwechselbaren Einzigartigkeit seines Wesens, seiner individuellen Mischung von Eigenschaften  hinausläuft, bezieht sich – in gleichem Sinne – in der Soziologie auf Gruppen und deren charakteristische Wesenszüge, welche die jeweilige Gruppe

  • nach innen in Gemeinsamkeit lebt & eint und
  • nach außen als einzigartige Gesamtidentität charakterisiert – von Anderen (klar?) unterscheidbar.

All das, inklusive aller damit verbundenen Rollenbilder & „Wurzeln“, brauchen wir, um uns als einzigartige + irgendwo zugehörige „Ameise“ in der Menge Mensch zurechtzufinden bzw. uns selbst in unseren Facetten & als Ganzes zufriedenstellend zu erkennen. Das ist unser Selbstverständnis – auch als soziales Wesen.

Die Kulturelle Identität – „die große Klammer“..

eint also die zugehörigen Gruppenmitglieder in gemeinsamen kulturellen Aspekten wie in Sprache, Herkunft, Religion, in Traditionen & Bräuchen usw., verknüpft uns miteinander und erzeugt das sogen. „Wir-Gefühl“ – je nachdem, wie man „die große Klammer“ (immer wieder?) setzt.  Und immer als Kernbestand inbegriffen: die gemeinsamen Werte der Gruppe, die dahinter stehen bzw. in den jeweiligen Kulturaspekten ihren typischen Ausdruck finden.

Nicht nur..

„Für die AfD ist der Zusammenhang von Bildung, Kultur
und Identität für die Entwicklung der Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Unser aller Identität ist vorrangig kulturell determiniert. Sie kann nicht dem freien Spiel der Kräfte ausgesetzt werden. Vielmehr soll ein Bewusstsein gestärkt werden, welches kulturelle Verbundenheit wahrnimmt, fördert und schützt.“ (S. 46)

Was hier noch halbwegs nachvollziehbar scheint, wächst sich auf Programmseite 59 dann  – speziell in Bezug auf die bisherige Asylpolitik – widerum, wie ich meine, in geschickt eingefügten Unterstellungen [hier von mir mit (?) umschlossen] zu Ansätzen von Panikmache und einem falsch verstandenen Verantwortungsgefühl aus, wenn diese Partei schreibt:

Die überkommene Politik der großzügigen Asylgewährung  im Wissen um (?)massenhaften(?) Missbrauch führt nicht nur zu einer rasanten, (?)unaufhaltsamen(?) Besiedelung Europas, insbesondere Deutschlands, durch Menschen aus anderen Kulturen und Weltteilen. (?)Sie ist auch für den Tod vieler Menschen auf dem Mittelmeer verantwortlich.(?)640px-boat_people_from_haiti

Die AfD will diese zynisch hingenommene Folge eines (?)irregeleiteten Humanitarismus(?) vermeiden und die daraus entstehende Gefahr sozialer und religiöser Unruhen sowie eines (?)schleichenden Erlöschens(?) der europäischen Kulturen abwenden.“

Wir werden nicht genau ergründen, wieviele der Flüchtlinge (+ Einwanderungswillige) sich nach Europa und speziell nach Deutschland aufgemacht haben und noch aufmachen werden, u. a. weil Europa aus seiner aufgeklärt humanen Haltung heraus noch bis vor kurzem grundsätzliche Aufnahme- & Hilfsbereitschaft signalisiert hat und zumindest Angelika Merkel versucht hatte, hieran fest- und die Europäische Union in buchstäblich typisch europäisch gewachsener Gesinnung zusammen zu halten.

Überzeugte Europäer allerdings wie weltfremde Lockvögel darzustellen und ihre menschliche Grundeinstellung für weit mehr als 3000 Tote pro Jahr im derzeitigen Chaos des Mittelmeers verantwortlich zu machen – einerseits – und andererseits Bilder zu suggerieren, in denen die gleichen Naivlinge von unzivilisierten Horden, gespickt mit gefährlichen Fanatikern, überrannt werden, bis nichts mehr von Deutschland & Europa, wie wir es kennen, übrig ist..

Sorry, so viel substanzfreie Agitation & willkürliches Züchten von Feindbildern in ohnehin schon verunsicherten Köpfen hier vor Ort ist nicht mein Verständnis einer besonnenen & möglichst stabilen Politik, die sich um Übersicht und geregelte Verhältnisse im Sinne ihrer Werte & des Friedens im Lande bemüht, die sie zurecht auf ihrem Territorium gesichert sehen will.

Auch hier: Selbstbewusstsein als Europäer ist etwas anderes!

Wie ging das eigentlich nochmal los mit „Europa als Gedanke“? Wer an der Stelle etwas über die Ursprünge europäischer Kultur (& Gesinnung?)  der griechischen Sage nach (denn da kommt „die EUROPA“ schließlich als Name her) neben unserer historischen Verbindung mit der sogen. LEVANTE schnell mal nachlesen möchte – Bitteschööön 🙂

Ratto_di_Europa_III_sec._d.C.-1038x576Mein 100ster Artikel mit Europa auf Zeus‘ Rücken – auch Beispiel i. Ü. für weibliche & männliche Identitäten und wie sie sich kulturell entwickelten.

Aber weiter im Text des „besonderen Deutschland-Fans AfD“, wieder auf S. 46:

„Deutschland gehört zu den großen europäischen Kulturnationen.

Deutsche Schriftsteller und Philosophen, deutsche Musiker, bildende Künstler und Architekten, in jüngerer Zeit auch deutsche Designer und Filmemacher, haben wesentliche Beiträge.. im weltweiten Maßstab geleistet.“  🙂 

Zunächst abermals: Das sind durchaus zutreffende Kulturaspekte für das klassische Land der Dichter & Denker. 400px-germans_collageUnd so gehts auch noch weiter, steigert sich die AfD in ihrem Programm auf S. 47 unter dem prägenden,  tatsächlich  identitätsstiftenden Aspekt für Deutschland, wie wir es heute kennen, der Sprache, die uns Deutsche uns selbst, als Nation, bis heute erst begreifen lässt..

Sprache, die für die Hiesigen wie für die Integration von Neuzugängen als dringend notwendige Verständnisgrundlage von elementarer Bedeutung ist –  besonders in schon immer bewegten deutschen Landen mitten in Europa.

deutschvideoHier nochmal das 5-minütige Erklärvideo, wie sich „deutsch“ & „Deutschland“ als Worte einst herauskristallisiert haben mögen

„Die deutsche Sprache als Zentrum unserer Identität:

 Als zentrales Element deutscher Identität muss die deutsche Sprache dem Vorbild vieler anderer Länder folgend als Staatssprache im Grundgesetz festgeschrieben werden.“

„Das Erlernen der deutschen Sprache..“ will die AfD weltweit bewerben und unter Einbezug  u. a. des konkret genannten Goethe-Instituts „..durch bilaterale Abkommen, Studienprogramme usw. nach Kräften fördern.“

human-761708_1Schön – ich dachte, unsere wertvolle Sprache spiegele nach all den im Programm genannten Schlagworten wie „Geistesgeschichte“, „Selbstverständnis“ & „Werthaltungen“ eben kein starres Konstrukt wieder und sei als verbindendes, lebendiges „Band.. zu schützen“ statt einfach nur festzuzementieren?

Zu erwarten wäre zumindest auch die Ansprache konkreter Sprachförderung innerhalb Deutschlands – u. a. den Migranten gegenüber – wenn es doch die erste Forderung an jeden Neuankömmling ist. Aber keine Silbe hiervon findet sich an der Stelle in Programm.

Stattdessen wirft sich die Frage auf: Wo wollen wir denn eigentlich hin mit unserer Sprache?

„Auf EU-Ebene will die AfD.., dass das Deutsche dem Englischen und Französischen auch in der alltäglichen Praxis gleichgestellt wird.

Ah ja, beantwortet – das scheint offenbar aus AFD-Perpektive das zu sein, was der „selbstbewusste“ Deutsche so braucht – vor allem im Moment 😉 : Zunächst mit unserer Sprache international auf Ebenbürtigkeit zu pochen, wenn es um europäische Nationen geht.

Und nachdem  Hochsprache & Dialekte in den nächsten Programmzeilen der Seite 47 lt. AfD als „immaterielles Kulturerbe“ gestärkt werden müssten, politische Korrektheit & Gendering (als, wie ich meine, sprachlicher Ausdruck unserer Werthaltungen, Errungenschaften & des Respekts) angegriffen und am besten gleich zusammen mit dem Einfluss der englischen Sprache abgeschafft werden sollten, lt. Zitat..

human-761708_2„Im Inland sieht die AfD mit Sorge, wie die deutsche Sprache im Sinne einer falsch verstandenen „Internationalisierung“ durch das Englische ersetzt oder „gegendert” wird. Politisch „korrekte” Sprachvorgaben lehnen wir entschieden ab.“

.. schwenkt die AfD vom Thema Sprache auf S. 48 unter der Überschrift: „Kultur und Kunst von der Einflussnahme der Parteien befreien“ – direkt ein in die:

Befreiung der deutschen Geschichte

– [So würde ich das nennen, mächtig wichtig, wie wir Deutsche scheinbar sind? 😉 ] –

Also will die AfD den die deutsche Geschichte typisierenden „eklatanten Makel unserer Vergangenheit“, der aus dem Bild dieser „großen Kulturnationen“ unangenehm heraussticht, am liebsten gleich mit „wegrelativieren“:

345px-bundesarchiv_bild_183-2004-1001-501_berlin_reichstagssitzung_adolf_hitler„Die Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die Zeit des Nationalsozialismus ist zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen, die auch die positiven, identitätsstiftenden Aspekte deutscher Geschichte mit umfasst.“

Naja, sicher habe auch ich als deutsches West-Kind die Gräultaten des Nationalsozialismus samt Vorphase der Weimarer Republik in der Schule mehrfach, aus unterschiedlichen Perspektiven und über einige Jahre immer wieder, „bis zum Erbrechen“ durchgenommen und kam die Kenntnis  deutscher Geschichtsfakten aus der Zeit  zuvor dadurch ziemlich kurz – sicherlich definitiv zu kurz!

Angesichts heutiger nationaler Tendenzen allerdings, wie sie sich in Teilen aktuell abermals – vielerorts, bei weitem nicht nur in Deutschland – durchsetzen und meinen, das vermeintlich Nationale am Eigenen krampfhaft schützen & hochhalten zu müssen,

  • dabei abermals in die Nähe von Fremdenhass und sogar zu europaweiter Unmenschlichkeit führen,
  • so einige der so hochgelobten großen Kulturnationen“ zunächst  mit Worten zu spalten vermögen, hier wie dort die Gesellschaft(en) aggressiv polarisieren und
  • sich fast unmerklich aber zunehmend der „Sprache des Krieges“, der Agitation, der Propaganda & der schlichtesten Schwarz-Weiß-Denke (nun „mit schielendem Blick auf Europas Wählermassen“) bedienen,
  • damit sogar die Einigkeit, unseren größten Friedensgarant in Europa, gefährden..

europe-633475_640Angesichts dessen weiß ich nicht, ob die sicher nervigen Wiederholungen in Geschichts- und Deutschunterricht damals nicht doch zur Verpflichtung der Deutschen innerhalb des Reigens der „großen europäischen Kulturnationen“ sogar zwingend  dazugehören, um uns alle hier, die wir auf unsere aufgeklärten Werte in Europa sicherlich stolz sein können, vor einer anderen Art ganz praktischer Wiederholung der Geschichte zu bewahren und unser aller..

Bewusstsein dauerhaft zu schärfen & wach zu halten –

  • zu schärfen.. im Sinne & am Maß unserer wahrhaft aufgeklärten, humanistischen Tradition und
  • wach zu halten – gerade auch in der Krise & der Herausforderung angesichts der Daueraufgabe Integration beispielsweise, aber auch hinsichtlich jeder weiteren Gefährdung des Friedens durch Eskalation.

Dafür muss es schließlich nicht zwangsläufig zur Vernachlässigung anderer Aspekte unserer Geschichte kommen. Das ließe sich aufheben, im Stundenplan unserer Schulen korrigieren – vielleicht auch etwas weniger unter vermeintlich deutsch-nationalen Gesichtspunkten als etwas mehr eingebunden in mitteleuropäischer Volksdynamik & Kleinstaaterei, aus der die Besonderheit & Vielfältigkeit der föderalen Struktur Deutschlands bzw. des deutschsprachigen Raumes generell einst gewachsen ist.

Das hielte ich persönlich für zeitgemäß und würde aktuell bedenklichen Entwicklungen ein wirkliches Selbstbewusstsein und ein reflektiertes, mehrfach „geerdetes“, flexibles Bewusstsein für unsere Werte entgegensetzen.

Apropos Kulturnation

Liest man unter dem Begriff weiter nach, brauchte offenbar kein anderes Volk oder Land diese spezielle Definition von Nation so sehr wie die Deutschen. Auch das hängt mit unserer schon immer dezentralen Struktur, dem Machtgerangel der Fürstentümer in einer Zeit zusammen, in der andere europäische Länder schon längst als ein geschlossener Staat agierten und sich so auch als ein Volk wahrnehmen konnten.

Im Land der Dichter & Denker hingegen hielt ein anderes Band, das Band der gemeinsamen Sprache und der besonderen Köpfe mit entschlossener Haltung  – in Religion, Buchdruck, Kunst & Musik bis in die Philosophie hinein. Das Gemeinsame lag also vielmehr im Geiste und deshalb sprach man ab Schillers Zeiten (Ende des 18. Jht) von den Deutschen als einer zu respektierenden Kulturnation.

Thierse
Klick mich!

Sehr gut nachvollziehbar und um Neutralität bemüht hat das Wolfgang Thierse beschrieben  – unser ehemaliger Bundestagspräsident.

Anhand seines historischen Abrisses im Deutschlandradio (Artikel) zeigt sich auch gut der Wandel der Bedeutung, den der Begriff „Kulturnation“ vor allem durch die sogen. Völkische Bewegung im 19. Jht. erfahren hat  und wie sich wesentlich später nationalsozialistische Kreise der „Kulturnation“ als Argument, als Instrument bemächtigten – ihre Macht & verhängnisvolle Überheblichkeit auf „Deutschland als führende Kulturnation“ gründeten.. Ein verheerender Schritt(!)..  in den Augen der (nationalen) Arroganz aber leider: ein noch zu kleiner.

Das würde ich der AfD  bei ihrem Umgang mit deutscher Sprache & Geschichte gern mit auf den Weg geben – immer wieder, wenn’s sein muss.

Wer hingegen denkt, ich sehe das völlig falsch, und meint, man bräuchte in unserer modernen Welt auf diese Parallelitäten zur Geschichte des 20. & 19. Jhts. nicht mehr zu achten – wir hätten doch dazugelernt.. – und dabei die vorrangige Haltung Deutscher dennoch ebenso vermisst, wie offenbar der „Deutschland-Fan AfD“..

Dem sei, als eine mögliche Spitze solcher fraglich motivierten Bestrebungenreichsbuerger & ähnlich staatskritischen Haltungen am (rechten) Rand der Nation wie die AfD, diese gerade aktuell schockierende Meldung vom 19. Oktober 2016 (anhand dieses kurzen Videos der Tagesschau) nebst der weiteren Lektüre zum bislang relativ unpopulären Thema Reichsbürger im Netz angeraten.

Ohne eine direkte Verbindung zur AfD zeichnen zu wollen, findet sich im Programm der AfD – immer noch auf S. 48  – prompt eine ganz ähnliche Weigerung gegen staatliche Regularien, die die AfD scheinbar als weitere Identitätsfrage im Sinne ihres speziellen Bürgerverständnisses sieht:

ÖRRDie Widerwehr gegen die ohnehin bei Vielen kritisch betrachtete Zwangsfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und eine grundsätzlich angeregte Umorganisation – künftig:

  • ohne ausgeglichenen Einfluss der Parteien (ehem. Neutralitäts- bzw. Ausgewogenheitsanspruch der Berichterstattung),
  • als verschlüsseltes Bezahlfernsehen, freiwillig, nur noch für Interessierte (nicht mehr obligatorisch für alle – als Recht aber auch als Angebot zur Pflicht als Staatsbürger)
  • sparsam, unter dem Banner „Bürgerrundfunk“, da weitgehend reduziert auf den Informationscharakter von Kunst, Kultur & Bildung und in der Tendenz unter Verzicht auf womöglich kostspielig Unterhaltendes.

Wer wohl dann überhaupt noch an dieser trockenen Informationsveranstaltung teilnehmen wird? Wie leicht sich möglicherweise die Berichterstattung ohne Parteienproporz und damit in Zukunft die komplette öffentliche Meinung dann gegebenenfalls „färben“ & lenken ließe? Wo der Maßstab für möglichst neutrale Berichterstattung dann noch wenigstens zu suchen wäre?

Das alles scheinen Fragen zu sein, die beim überzeugten AfDler mit einschlägig festgelegtem deutschem Geschichts- & Bürgerbewusstein und völlig begeistert von Meinungsfreiheit & Medienvielfalt drumherum, sich offensichtlich nicht mehr stellen.

„Vorsicht!“, kann ich da nur sagen – selbst wenn auch mir die Form der Zwangsveranlagung sowie die Nutzung der eingenommenen Gelder missfällt. Vergessen wir bitte nicht, welche begehrte Rolle die Medien spätestens kurz vor Eskalation von Krisen & Schlimmeren historisch immer wieder eingenommen haben und wie schnell auch heutige Machthaber als Allererstes sich ihrer bemächtigen – aus gutem Grund.. (Erdogan? Putin? China? usw.).

Während die AfD hier offenbar weniger Bedenken hegt (warum wohl? 😕 ), scheint ihr hingegen die Umstrukturierung in Ihrem Sinne um so wichtiger für dieses Land. Ist es doch der letzte Punkt, bevor die AfD ihr derzeit größtes kontroverses Thema endlich erreicht:

„Der Islam im Spannungsverhältnis zu unserer Werteordnung“

Von S. 48 bis Ende des Kapitels auf S. 50 wird „der Islam“ nun – wenig differenziert – unseren Grundrechten & Wertmaßstäben:mosque-697286_640

  1. Glaubens- bzw. Religions- & Gewissensfreiheit
  2. Meinungs- und Redefreiheit
  3. Gleichberechtigung der Frauen

ebenso wie unserer demokratischen Rechtsordnung gegenübergestellt.

Das ist natürlich erstmal wieder völlig legitim. Wollen wir doch alle v. a. den Frieden & die errungenen Freiheiten in unserem Land vor widerstrebender Gewalt & überkommenen Ansichten gegenüber unserem aufgeklärten Bewusstsein bewahren.

Wie leicht man aber auch hier wieder knapp ‚am Ziel vorbei schießen‘ kann, die zu schützenden Rechte selbst womöglich unterminiert bzw. gegeneinander ausspielt, Fremdes ungesehen einfach pauschal ausgrenzt, nur weil es fremd ist, Gemeinsames & bereits Gelungenes nicht nur nicht erkennt und daran anknüpft, sondern entweder als Selbstverständlichkeit abtut oder doch nur stur auf nahtlose Anpassung pocht..

und wie leicht bei dieser groben Haltung man sich selbst als Gastgeber mit den hiesigen Vorzügen bereits in vollendeter Vorleistung und als kritikfreies Vorbild sieht und darüber völlig die Gegenseitigkeit, den inneliegenden Langzeitprozess der Herausforderung von Integration sowie die dauerhafte Notwendigkeit, sich bei allem auch an „die eigen Nase zu fassen“ – [ zumindest hin & wieder 🙂 ], sich auch selbst an die eigenen Werte zu halten und diese aktiv zu pflegen, vielerorts übersieht..

Dieses weite Feld würde den hier vorbereiten Rahmen mal wieder sprengen.  Erwarten können Sie eine reichhaltige Aufbereitung von alledem – zielgerichtet zum Thema  AfD & Islam in Deutschland“ – fortführend in meinem nächsten Beitrag im November.

Wann in etwa lässt sich allerdings schwer sagen, da ich – wie Sie vielleicht aus dem größeren Abstand der letzten mächtigen Artikel bereits geschlussfolgert haben – seit geraumer Zeit auch in anderen Dingen verfangen bin und nicht nur bei Ihnen subjektiv die Tage aktuell irgendwie rasend schnell immer kürzer werden……….  😉 .

Am 24. 11. aber wird es definitiv weitergehen. Das hab ich mir diesmal selbst „verordnet“.

Bis dann – allerspätestens

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