PNAS/Aalto University/ERC

Emotionen – das „A & O“

Emotionen bewegen Sie, bewegen mich. Was keine Bedeutung für uns hat, übersehen, überhören wir oder es mangelt uns schlicht am Motiv, dafür anzupacken und zuvor hierfür „unsere grauen Zellen anzuschmeißen“.

„Nacktes“ Denken gibt es nicht..

– so die These der Hirnforschung und da steckt viel drin.

  • Jeder Gedanke, den wir denken, findet sein körperliches Pendant, seinen „Niederschlag“ in den Strukturen unseres Gehirns, die wir dafür benötigen.
  • Jede Erfahrung, die wir machen, prägt sich mehr oder minder ein, fördert den Ausbau relevanter Schaltkreise im Hirn, lässt die anderen Areale „links liegen“. Das bestätigt die Neurobiologie.
  • Jede weitere Aufgabe gehen wir aus dem Fundus unserer komplex gespeicherten Erfahrungen heraus an – nicht nur mittels des reinen Wissen, das sich angesammelt hat, und auch nicht allein aufgrund der Eindrücke, die wir aus der Situation gewonnen haben.

Alles ist mit einander verbunden, bestimmt unsere Kompetenz ebenso wie unsere künftige Herangehensweise.

Um etwas zu tun, müssen wir beschließen, es zu wollen.

Dass die Hirnforschung gemessen hat, dass wir bereits ca. 300ms vor unserer Handlung die benötigten Bereiche in unserem Kopf dafür aktivieren, sagt dabei weniger etwas über unser Wollen aus, als dass da bereits passende Handlungsmuster für unser jeweils beabsichtigtes Tun in unserem „Oberstübchen“ vorhanden sein müssen.

Wie gut es uns gelingt, wieviel davon in uns „hängen“ bleibt, wie wir mit Erfolg oder Misserfolg umgehen, was wir daraus lernen und in welchem Ausmaß wir im Anschluss dieses oder anderes, mehr oder weniger wollen, das hängt maßgeblich von unserem Bauchgefühl dafür ab.

Emotionen sind nix anderes als Bauchgefühl..

und sie finden ihren Ausdruck nicht nur in dem, was oder wie wir uns fühlen. Zu dieser Selbstempfindung gehört viel mehr, um uns lebendig, spürbar existent sowie handlungsfähig im JETZT zu fühlen.

Ganze Körperregionen spüren wir..

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s. Beitragsbild

plötzlich intensiver. Teils werden sie – abhängig von der jeweiligen Emotion – auch stärker durchblutet, wie das Titelbild einer finnischen Untersuchung mit 700 Probanden aus unterschiedlichen Kulturkreisen sehr anschaulich zeigt.

Aber auch andersherum betrachtet, spielt unser Grundgefühl immer mit, setzt den Rahmen für unsere Entscheidungen & Haltungen, die unser Bewusstsein dann wieder unserem Willen zuschreibt. Emotionen bestimmen den Fokus, auf den sich unsere Aufmerksamkeit richtet. Sie sind es, die die geeigneten Hirnareale aktivieren und uns damit erst in Handlungsbereitschaft versetzen .

Dieses Vorgefühl für die Herausforderung fördert erst ein situationsgerechtes Denken, lässt parallel begünstigende Botenstoffe fließen und macht im Anschluss dann unseren Körper zum ausführenden Instrument, gemäß unserer Absicht.

Das ist nur ein Bruchteil der aktuellen Erkenntnisse aus der Forschung, aber es revolutioniert das Bild, das wir von unserer Selbstbestimmtheit noch bis vor Kurzem hatten.

Wie weit das geht, welche bildungspolitischen & wirtschaftlichen Aspekte sich hierüber neu beleuchten lassen, welches Potenzial sogar in höherem Alter hierüber erschließbar ist..

thumb-489549_1280Hierzu empfehle ich  den alles verbindenen, genialen Vortrag von Gerald Hüther zum Thema „Glücksgefühle“ (22 min), der als engagierter Neurobiologe in z. T.  sogar witzig, lebensnaher Weise, wie ich meine, eine völlig veränderte Sicht aus diesen neuen Erkenntnissen für uns alle ableitet.

Ich finde die Botschaft dieses Mannes ebenso ergiebig & nachvollziehbar wie herzerfrischend – für jede Alterskategorie  als auch wahrhaft authentisch – zumal diese Botschaft es sich aus eigener Anschauung heraus leisten kann, auf jeglichen Vermarktungsansatz zu verzichten und stattdessen ernsthaft unser aller Wohl ins Auge nimmt.

Emotionen können noch mehr..

können auch ohne unser Zutun unseren Körper steuern. Denken Sie nur an all das, was echte Panik an Automatismen in uns auszulösen vermag. Was bei dieser Basisemotion von (lebens-)bedrohlich empfundener Furcht bzw. Angst mit uns geschieht, bestimmen (vereinfacht gesagt) allein Mandelkern & Stammhirn, auf die wir mit unseren denkenden Schichten des Cortex (Großhirn) zunächst keinerlei Einfluss haben.

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menschliche Natur und Gewissen

(Panik/Angst.. mehr hierzu steht bereits im INTRO..)

 

Aber auch Stimmungen,..

drama-312318_1280oder Launen sind letztlich nichts anderes als Emotionen und jeder weiß, wie seine Handlungsfreiheit, zumindest in der Tendenz, durch sie beeinflusst wird.

Ein Zuwiderhandeln ist eher schwer möglich. Das Gelingen der beabsichtigen Handlung entgegen der vorherrschenden, eigenen Stimmungslage bleibt fraglich. Dem jeweils (damit äußerlich) übergeordenten Ziel fehlt die Kraft des Einsatzes, die Motivation.

Damit wird jetzt auch klarer, welche Verbindung zwischen unserer Emotion und unseren Motiven besteht, die letztlich akut aus diesen Grundgefühlen wachsen und auf einer Linie stehen sollten, so sie uns kraftvoll vorwärts tragen sollen.

Sogar im weiteren Sinne und auf längere Frist prägen uns..

Stimmungen – auch die der Anderen,

die sich nicht selten wie ein dominierendes Virus fortpflanzen.  Denken Sie an die Familie, die Gemeinschaft, in der Sie aufgewachsen sind. Denken Sie an die Partnerschaft, die Sie führen, womöglich  gerade verloren haben oder an das Wetter, die Jahreszeit, die uns beeinflussen oder auch an das betriebliche Klima Ihrer Arbeitsstelle bishin zum gesellschaftlichen Klima, in dem wir alle uns bewegen. Sich Grundstimmungen zu entziehen, bedarf auf jeden Fall einer Kraftanstrengung, deren Ressourcen Ihnen dann möglicherweise anderweitig fehlen.

Allen angerissenen Szenarien ist eines gemein:

Emotionen sind die Basis unseres Überlebens,

Ausdruck unserer evolutionären Anpassung an die Herausforderungen des Lebens höherer Ordnung – bei uns Menschen wie bei allen Säugetieren –

The_Limbic_System_and_Nearby_Structures_-_John_Taylorim Ursprung beheimatet im sogen. limbischen System, sinnvollerweise zentral  unter dem Großhirn gelegen und bestens vernetzt mit den alten wie neueren Arealen des Gehirns, um letztlich nahezu überall Einfluss zu nehmen – wie z. B. auf..

 

  • motorische Routinen, inkl. Mimik, Gestik & Körperhaltung,
  • die Empfindlichkeit & Wichtung der Sinneswahrnehmung,
  • die Regelung der Hormonausschüttung,
  • die Dauerhaftigkeit von Motivationsniveaus,
  • die Erregung der kortikalen Strukturen (Großhirn),
  • bewusste Gefühlswelt,
  • konditionierte Reaktionen sowie
  • auf höhere Entscheidungs- und Bewusstseinsprozesse.

Um so deutlicher wird hier, wie selbstentfremdet die sogen. Gefühlsblinden leben müssen, die ja sehrwohl ebenfalls diese Emotionen in sich haben und auch körperlich wahrnehmen, sie aber auf Bewusstseinsebene so gut wie gar nicht fassen können, weil ihnen die Worte und damit die Begrifflichkeit (auch zum Erinnern..) zu ihren Empfindungen fehlt.

ties-56107(vorheriger EXTRO-Artikel u. a. zu Alexithymie)

Die Therapie für sogen. Alexithyme..

kann sich also kaum in erster Linie auf Worte stützen. Was sollte man da auch mit Worten beschreiben, wenn das Einverständnis über die Bedeutung „dahinter“ fehlt.

lint-711890_1280Hinzu kommt, dass auch die sonst eher gewohnt distanzierte Haltung des Therapeuten hier wohl gänzlich unangebracht ist, wo es doch um ein zugewandtes & aktives.. NACHTRÄGLICHES Erlernen & Deuten von körperlich spürbaren Gefühlslagen geht, das ohne ein  (mit-) begreifbares Vorfühlen Anderer kaum möglich sein kann.

Das waren wohl die Hauptgründe, weshalb Alexithymie lange Zeit als unbehandelbar galt und die Suche nach einem geeigneten freien Therapeuten sich wohl auch schwieriger gestaltete (oder noch ist?) bzw.  eine Bahndlung   in wenigen spezialisierten Kliniken zu erwirken.

Neuere Ansätze hingegen setzen auf kreative, gestaltende Therapieformen zwischen Farben & Tönen, die die passenden Hirnareale  aktivieren.

Ein zweiter Ansatz ist das Vorspielen von Gefühlen, woraus der Gefühlsblinde in lockerer Atmosphäre nachträglich direkte Assoziationsverbindungen zwischen emotinalem Körpergefühl und beschreibender Wortwahl, unterstützt von nachgeahmter, sichtbarer Mimik & Gestik, gewinnen soll.

Desweiteren habe man gute Erfahrungen auch mit gemischten Gruppen gemacht, die über den Austausch, den sozial engen Kontakt, das Abschauen etc. allmählich eine Deutungsstruktur im Gehirn nachwachsen lassen.

Begleitend hierzu wird gleichfalls angeboten, auch Angehörige & Partner mit in den Therapieumfang einzubeziehen, denn oftmals leiden jene viel mehr unter der Gefühlskälte und der scheinbar emotionslos abweisenden Eigenart des Betroffenen, die ihn selbst (naturgemäß) meist weniger belastet.

Geduld ist in jedem Fall von allen gefordert – aber es düfte sich lohnen, denn erst das emotionale Feedback unseres Gehirns gibt uns Rückmeldung & Maßstab, womit es uns wirklich gut geht und womit nicht.

Das sei die Hauptaufgabe unseres Hirns. So sieht es auch Gerald Hüther (s. o.).

zum Beitragsbild | vorheriger EXTRO-Artikel u. a. zu Alexithymie

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