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Courage

Schon Bismark stellte 1864 fest:

„Mut auf dem Schlachtfelde ist bei uns Gemeingut, aber Sie werden nicht selten finden, daß es ganz achtbaren Leuten an Zivilcourage fehlt.“

Zu meinem Begriff von Respekt vor der Persönlichkeit jedes Einzelnen gehört bei mir die Erkenntnis, dass Mut, als Voraussetzung couragierten Handelns, durchaus nicht jedermanns Sache ist und man ihn deshalb auch nicht einfach so von jedem erwarten oder gar verlangen kann.

Zum Mut, etwas womöglich Gefährliches dennoch zuversichtlich anzupacken oder wehrhaft für sich oder eine Sache einzustehen, gehört vor allem ein gesundes Selbstvertrauen, vielleicht auch eine generelle Bereitschaft & Motivation, die Dinge aktiv und allein aus sich heraus anzugehen.

Das gehört aber weder zu jedem Naturell, noch darf man per se voraussetzen, dass jeder bisher das Umfeld finden konnte, in dem er jene Zuversicht durch Zuspruch & Bestätigung seiner selbst kennenlernen und sich so zu eigen machen durfte. Das schicke ich voraus.

Zivilcourage

Dennoch ist couragiertes Handeln „in seiner Wurzel“ vor allem das Ergebnis einer inneren Haltung, wie ich meine, und beinhaltet, über den Mut hinaus, sich selbst zu vertreten, auch die engagierte Teilnahme am „Schicksal“ anderer.

Insoweit ist Courage Ausdruck sozialer Verantwortung, die sich an gelebten Werten orientiert, die man damit auch bereit ist, zu verteidigen.

Findet dies öffentlich statt, spricht man von der sogen. Zivilcourage, die das ganze Gegenteil von jenem Verhalten ist, das wir als passive oder aktive Teilnahme an der Entwicklung von Gewalt in den vorherigen Artikeln beschrieben finden.

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Das Gesicht des Bösen ist die Willkür der Gewalt

Interessanterweise hat ausgerechnet jener, einst aus den „Tiefen der Bronx“ stammende Philip Zimbardo, der 1971 mit seinem Stanford-Prison-Experiment (s. nebenstehendes Artikelbild) die destruktive Gewaltbereitschaft in fast jedem Menschen beeindruckend nachgewiesen hat, sich mit dieser Erkenntnis nicht abfinden können (oder wollen?).

Wohl deshalb forscht er seither mit großem Einsatz weiter, aus welchen Voraussetzungen heraus genau der andere, der sozial engagierte Umgang mit solchen Situationen stattdessen erwachsen kann und das ebenso: In fast jedem Menschen! Daran scheint „Doktor Evil“, wie man ihn seither nennt, fest zu glauben.

Zimbardo_in_Warsaw_2009(Sehen sie sich das beide Themen verbindende, durchaus lebendige Video von Zimbardo mit deutschen Untertiteln hierzu an – ca. 23 min.)

Ganz im Sinne Arno Gruens Blick in die Systematik dahinter (s. Artikelbild zu Autorität & Gehorsam), entwickelt sich Gewalt also auch nach Philip Zimbardo vorzugsweise aus der Macht der 2048px-Remscheid_-_Bushaltestelle_Paulstraße_07_iesAnonymität heraus und folgt der vermeintlichen Autorität der Situation.

Beide Faktoren verschleiern somit die wahre Verantwortung des Einzelnen am Geschehen & der Gruppe gegenüber. Moral & Schuldgefühl scheinen in Abwesenheit zu verschwinden.

Kommt dann noch hinzu, dass in der Situation gewohnte Verhaltensmuster nicht greifen, scheint sich zuerst passive Gleichgültigkeit und hiernach aktive Bösartigkeit aus den meisten Menschen „herauszuschälen“.

Der Mensch als  Marionette der Umstände..

(= System & Situation) sozusagen, entpuppt sich über den gruppenkonformen Zuschauer (= „Bystander-Effekt“) hin zum aktiven Täter, der seiner aufgestauten Wut & reinenTriebhaftigkeit freien Lauf im vermeintlich aufsichtsfreien Raum lässt (= „Luzifer-Effekt“).

Genau dem steht man schließlich in typischen Situationen für Zivilcorage gegenüber. Weshalb Zimbardo auch an dieser Stelle ansetzt und für die selbstverantwortliche Entwicklung eigenständig denkender & handelnder Individuenschon im ganz normalen Leben – plädiert.

Er spricht sogar vom (faktisch möglichen) Abweichler gegenüber der allgemeinen Gruppenhaltung als Position, wenn menschliche Werte empfindlich in Frage gestellt oder gefährdet werden.

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Haltung gibt Halt

Zimbardo definiert hiermit eine Haltung, ganz so wie ich sie verstehe (s. Artikelbild: Haltung gibt Halt) und definiert das als..

zeitgemäße Psychologie des „Heldentums“

– im Gegensatz zum traditionell (gelernten) Heldentum.

Schließlich will man(n) sich dem Bösen ja entziehen, keinen stillen Zuspruch leisten sondern agieren, damit es friedlich bleibt! Er meint wohl eher eine Art einsatzbereite Alltagspräsenz, die zu ihren Werten steht – einen aufrechten Menschen gemäß schlichten 2 Gruppen-Aspekten:

  1. aktive Handlungsbereitschaft, wenn Andere passiv bleiben +
  2. sozio-zentriertes Verhalten statt ego- 😉 -zentriertes, wie es sich sonst gern über Gruppen ausbreitet..

Ich finde das sehr einleuchtend & nah am Leben! (= Meine Meinung.)

Zimbardo betont das Bestehen der Alternative.. die Wahl, die eigene Entscheidung (!) für unser Verhalten in ein & derselben Situation und spricht für die couragierte Seite von Integrität als Ziel bzw. Idealvorstellung – als einzunehmende Position „im Gegenüber des Bösen“ sozusagen. Darum sollte es sich ja auch handeln, meine ich..

Denn wo sollen wir eine stabile Seelenlage lernen, woher soll diese Stärke kommen, die wir mitnehmen – in jede Situation?

Am besten doch wohl bereits aus Kinderschuhen heraus, statt – wie noch bei unserer Generation(50+) in 60er & 70er Jahren, über Umwege.. Couragiert & selbstbewusst sollten sie aufwachsen können, diese Chance sollte jedes Kind haben! Dann klappt’s bestimmt besser, solche herausfordernden Situationen konsequent durchzustehen – bestimmt auch in den Bronx.  🙂

Die deutschen Forscher haben da eher ein methodisches Problem. Sie wissen nicht recht, wie sie „Zivilcourage“ untersuchen sollen aufgrund ihres hohen ethischen Anspruchs & der Nähe zu möglichen Traumata als leidvoller Nebeneffekt für Probanden, würde ich es zusammenfassen. Und da sie sich nicht so recht trauen – ein Problem, das einen Zimbardo, vor 44 Jahren wahrscheinlich weniger interessiert bzw. unterschätzt hat  😉 – büßen ihre Untersuchungen an Aussagekraft ein, bleiben damit auf Theoriestatus. Stattdessen bieten sie Trainingsprogramme..

Sozial verantwortliches Handeln

also täglich (wie selbstverständlich) im Verhältnis zur Gruppe und deren jeweiliger Meinung praktiziert, ist in Zimbardos Sinn die beste Grundlage. Na ja – denken wir beispielsweise an die Dynamik von Cliquen, dann wissen wir alle, was da Mieses oder eben auchTragfähiges sich daraus entwickeln  kann.

Zimbardo_in_Warsaw_2009Zimbardo jedenfalls bittet uns eigentlich nur, unsere Haltung & Werte wie unsere Augäpfel zu hüten & zu pflegen und nicht wie irgendeinen ungeliebten Mantel an der Eingangstür (der Situation) zu hinterlassen.

Aus dieser, im Leben gefestigten und gewachsenen Grundeinstellung heraus könnte & sollte dann integres Verhalten auch in fremdartigen Situationen erwachsen. Dem kann ich mich nur anschließen – so herum gesehen..

Helden sollten zivil couragiert sein(!).. und integer –  nicht nur smart, cool & tuff wie „007 & Co“!

Wer will da widersprechen?

Bis Übermorgen im INTRO,

Ihre/EureSu

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