Die weibliche Europa verbindet Kulturen..

Der Sage nach, wurde Europa, Königstochter aus Phönizien, rittlings von Zeus in Stiergestalt auf dessen Heimatinsel Kreta entführt.

So haben wir das alle mal gelernt oder irgendwo, im Rahmen von Homers griechischen Heldensagen & Göttergeschichten, aufgeschnappt. Bis heute spüren  wir an unzähligen Stellen, wie unverzichtbar & prägend für unser europäisches Verständnis von Zivilisation & Kultur die Geschichte Griechenlands und der Ägais gewesen sein muss.

Speziell auf Kreta..

aber sollen die „europäischen Uhren“ zu allererst begonnen haben „zu ticken“.

Wie das genau vonstatten ging, lässt sich heute allerdings nur schwer feststellen – v. a. weil die von den Kretern zu Bronzezeiten entwickelte, sogen. Linearschrift A auch unseren heutigen Experten noch immer Rätsel aufgibt und wir damit i. W. allein auf die Deutung der Motive diverser Fundstücke angewiesen sind.

360px-Bust_of_the_poet_Homer,_replica_from_the_Archaelogical_museum_of_Naples,_Neues_Museum,_Berlin_(8169127839)Selbst ein Homer kann uns nicht verlässlich weiterhelfen, denn wir können bei ihm nur nachlesen, was er selbst erst Jahrhunderte später in Alt-Griechisch niederschrieb und wissen daher, dass auch er seine Kenntnis lediglich alten Erzählungen entnahm.

Ebenso wie wir erkennen, wie wichtig es ihm war, das reale Geschehen stets fantasievoll mit dem Schicksal der Götter zu „durchweben“. Das entspricht zwar seiner „künstlerischen Freiheit“ als Dichter, macht die Geschichten durchaus auch lebendig & einprägsam bis in unsere Tage ,  stellt aber eben auch jegliche Stichhaltigkeit erst recht in Frage.

Gesichert ist hingegen der wachsende Einfluss der von Kreta ausgehenden sogen. minoischen Kultur über gute 1000 Jahre hinweg rund um das gesamte östliche Mittelmeer

  • einerseits bis ca. 1450 v. Chr., als der Einfluss der Mykener vom griechischen Festland die „Eigenregie“ der Minoer beendete und
  • endgültig ca. 1200 v. Chr. mit  Beginn der sogen. dunklen Jahrhunderte, in denen fast alle hier thematisierten Hochkulturen ihren einschneidenen Niedergang, u. a. durch den Einfall unbekannter Seevölker aus dem Norden, erlitten.

Die „Minoische Kultur“..

1001px-Map_Minoan_Crete-de.svgleitet sich als Bezeichnung dieser Epoche der Kreter dabei eben von jener Sage ab, die wir in Homers Ilias wiederfinden – benannt nach König Minos, der aus der Verbindung zwischen Europa & Zeus entstanden sein und den weitreichenden Einfluss der kretischen Kultur begründet haben soll. Ob es diesen König aber jemals wirklich gegeben hat, lässt sich nirgends belegen – wie auch sonst, merkwürdigerweise, keine minoischen Regenten aus diesem Jahrtausend bekannt sind – m. W. n.

Palazzo_Minosse7Obwohl man Rudimente diverser mächtiger, mehrstöckiger Paläste auf Kreta neben Spuren einer dichten Besiedlung ringsum gefunden hat.

IMAG0533Obwohl sich jeder einzelne Palastbau als zentral organisierende Lager- & Handelsstätte neben seiner traditionell religiösen Widmung erschließen lässt und der größte Palast in Knossos als späteres Zentrum aller Ausbreitung sowie sein Hafen als Standort einer riesigen Flotte galt, lässt sich überhaupt nirgends(!) auch nur eine  Befestigungsanlage auf Kreta entdecken, wie sie sonst allerorts üblich & sicher auch sinnvoll waren – übrigens ebensowenig wie die gleichfalls übliche Darstellung irgendwelcher bedeutenden, unmissverständlich kriegerischen Kampfszenen, die somit  auf dem minoischen Kreta (bis zu dieser Zeit) fehlen.

Stierspringer_Minoische_Wandmalerei_asb_2004_PICT3452Was man(n) stattdessen findet, sind zahlreiche Tanz- und Verehrungsszenen, scheinbar gegenüber einer weiblichen Gottheit auf Fresken, inmitten fantasievoll verschlungenen, maritimen Motiven, teils auch eine Art Kunstsprung über Stiere hinweg, der offensichtlich als kulthafter Sport zu besonderen Anlässen im alten Kreta gang & gäbe war..

Ohne konkreten Hinweis auch nur auf einen irdischen Machthaber,

ohne monumental ausgestattete, individuelle Grabstätten und ohne die sonst typischen, überdimensionalen Statuen oder sonstige Insignien eines irdischen Personenkults finden zu können, geht man(n) daher derzeit mehrheitlich von einem rein religiösen Zusammenhalt aus, gehalten von der gemeinsamen Sprache und hinausgetragen über ein weit verzweigtes, bestens organisiertes, über lange Zeit gewachsenes Handelsnetz im östlichen Mittelmeerraum.

Aus fremden Quellen weiß man zudem von der friedlichen Koexistenz dieses seefahrenden Inselvolkes nahezu allen anderen Mächten gegenüber, welche es ihrerseits begrüßten, von den Verbindungen der Kreter und damit von deren reichem Angebot an Rohstoffen & kunstfertigen Waren nebst ihrem, über die Zeit zusammengetragenen KnowHow für sich zu profitieren.

Snake_Goddess_Crete_1600BCOb der oftmals gefundene Kult um die offenherzig dargestellte Schlangengöttin und all die Frauen in sichtlich bevorzugter (gesellschaftlicher?) Stellung auf den Bildnissen nun aber gleich Hinweis auf matriarchalische Strukturen bedeuten müssen, wage ich ebenso zu bezweifeln, wie Barry Molloys Deutung der Funde diverser Waffen-, Kampf- & Sportszenen hinsichtlich klarer kriegerischer(?) Züge der Minoer.

Kann es nach heutigem Wissensstand nicht vielmehr vielleicht nur normal gewesen sein, dass sich bei einem so mobilen Volk, das nachgewiesenermaßen draußen stets friedlich gesinnt erfolgreich Handel betrieb und daheim, neben einer blühenden Landwirtschaft, auch die unterschiedlichsten Kunstfertigkeiten ausbildete, um sein Angebot zu optimieren,.. dass sich in dessen Heimat eine..

eher kooperative Kultur..

entwickelte, die sich auf ihre,  mehrheitlich zeitversetzt, heimkehrenden Männer freute, ihnen (klugerweise?) im Rahmen diverser Festivitäten auch sportlich-kämpferische Auseinandersetzungen anbot?

Mykene_Goldringmotiv_01Und kann es nicht sein, dass sich im sonstigen Alltag, dann unter den mehrheitlich daheimgebliebenen Frauen & Kindern vor Ort, auch einmal mehr der entsprechende Glaube an die Fruchtbarkeit  aus dem realen Umgang damit wieder neu – diesmal ergänzend zum Enpfinden der mobilen Männer entwickelte? Und zwar genau in dem Sinn, wie ich es hier anhand der Geschlechtsspezifik und den ungleichen Bedürfnissen von Mann & Frau bis jetzt an aktuellen Ergebnissen herausgestellt habe?

Das mag naiv klingen, aber denkbar ist es.. Zumal der Mensch, ganz allgemein, ebenso gern auch glücklich miteinander sein mag sowie auch historisch belegt scheint, dass Angriffe auf die Kreter auch tatsächlich über Jahrhunderte(!!) – bis die Mykener kamen  – ausblieben und das wahrscheinlich schlicht, weil die Inselbewohner mit ihren Methoden ihr sicheres Auskommen hatten – ja es sogar zu Wohlstand und hohem Ansehen, auch in Augen der Mächtblöcke ringsum, damit brachten.

Nicht unähnlich übrigens im Vergleich zu den Phöniziern, mit denen sie ja die edle Herkunft Europas verband – der Sage nach.

Auch die Phönizier waren ein handelndes Seefahrervolk,

IMAG0514welches ab ca. 1400 v. Chr. ganz ähnlich wie die minoischen Kreter verfuhr, sich auf diese Weise über immerhin 500 Jahre aus allen Binnenstreitigkeiten heraushielt und stattdessen fast das ganze Mittelmeer, vorzugsweise entlang der afrikanischen Nordküste (aus gutem Grund.. 😉 ), mit einigen Handelsstützpunkten erschloss, aus denen später mächtige Hafenstädte entstanden.

Transport_of_cedar_Dur_SharrukinAuch die Phönizier waren zunächst über ihr weit aufschließendes Vertriebsnetz begehrte Handelspartner – gerade für Ägypter, Hethiter, Babylonier & Assyrer, die ständig wertvollste Materialien für ihre Monumentalbauten brauchten. Auch die Phönizier waren Meister in der Verarbeitung  seltener Rohstoffe. Was läge denn auch näher als die individuelle Veredlung der Waren durch die Daheimgebliebenen?

Und von diesem Heimatstandort machten sie sich durch ihre Strategie & ihren Lebensstil sodann auch immer mehr unabhängig!..

Aus gutem Grund!..

handelten sie so, denn  die Phönizier kamen aus Levante.

Schon mal gehört, wieder vergessen? Levante ist der Landstrich, wo es heute noch „brennt & brodelt“, wo die Erde „dünn“ wird, es unter den Bergmassiven ringsum „rumort“, die Erdplatten sich aneinander reiben, Erdbeben & Vulkanausbrüche „zuhause“ sind und wo die Menschen sich bis heute für wenige Quadratkilometer über Generationen hinweg erbittert bekämpfen und auch aktuell flüchten vor den Gräueltaten des Krieges – bis zu uns („aktuelle Flüchtlingswelle“).

Levante ist Syrien, der Libanon, ist Israel, Palästina & Jordanien und Levante war auch damals AlterOrient2genau der „Punkt“, an dem die Macht der Ägypter die Macht der Hethiter erreichte – kein Platz also, an dem „kleine Lichter“ je eine Chance haben würden.

Die Phönizier waren schlau, wichen dem ganzen Ringen um die Macht aufs Meer aus, mieden dabei auch den Einzugsbereich der ähnlich ambitionierten Kreter und konzentrierten sich auf die afrikanische Küste. Als sie schlussendlich aus ihrer Heimat verdrängt wurden, gab es damit bereits so etwas wie Kartago, hatten sie sich mittlerweile sogar einen wichtigen Anspruch auf Sizilien & Sardinien errungen.

1200px-PhoenicianTrade_EN.svgKartago ließ die Phönizier auch weitab der Heimat überleben, wurde zu ihrer neuen Heimat und ließ sie infolge nichts Geringeres als genau jene Wanderungsphase dieser anderen, aus dem Norden kommenden Seefahrervölker überdauern, die dann den einst Mächtigen „den Gar aus“ machen sollte. Die Phönizier überlebten auch das.. bis nur noch die Römer sie stoppen konnten.

Aber auch da arrangierten sie sich, lösten sich als Volk auf und gingen langfristig dort oder irgendwo  sonst an ihren neuen Standorten in die Bevölkerung ein – und das sicherlich nicht unbedingt mit schlechter Startposition.. z. T. als Schiffseigner, begehrter Schiffsbauer oder erfahrener Steuermann, als Ruderer oder geschickt, geschulter (Kunst-?)Handwerker auf unterschiedlichsten Gebieten..

Der Fachbegriff hier wäre steigende Chancenlage durch kluge Assimilation. Entgegen des ersten Eindrucks von Anpassung, erfordert diese spezielle Form von Anpassung allerdings v. a. Wachsamkeit & Flexibilität im Kopf.. und natürlich: Kreativität!

Oder was meinen Sie..

Knossos_dolfijnenKnossos_fresco_women324px-Kamaresvase_1_mod307px-Minoische_Halskette_-_Kettengliederbeim Anblick der Kunstwerke von Kretern & Phöniziern?


Das war mein 100ster Artikel! Staune selbst.

Das soll für heute bis Mitte der Woche aber erstmal wieder reichen. Dann wird es weitergehen mit ein paar Gedanken zur Symbolik und möglichen Zusammenhängen menschlicher Vorstellungen in frühzivilisatorischen Zeiten.

Bis dann  🙂

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