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Temperamente unterscheiden uns

Temperamente einen uns aber auch, ebenso wie das Geschlecht beides tut.

Das Temperament verleiht jedem Einzelnen seine ursprüngliche Antriebs- und Grundstimmungsstruktur, ist seine spezielle Bedeutung des eigenen genetischen Stempels, das WIE wir uns fühlen und ALS WAS – jeden einzelnen Tag unseres Lebens – als Frau, als Mann, als nach innen orientierter oder auf das Außen gerichteter Mensch. „Glück oder Pech gehabt?“..

Und.. trotzdem was gelernt?

Diese Frage hingegen zielt auf unser Verhalten, auf das Veränderbare, weit über die genetische Präposition als Anlage hinaus, und meint letztlich die klassische Definition einer Krise, wie Entwicklung generell als eine Folge von (fruchtbaren?) Krisen aufgefasst werden kann.

Diese hier aber werden „normative Krisen“ in Fachkreisen (im Unterschied zur kritischen oder individuellen Krise) genannt. Normativ umschreibt dabei, dass diese Krisen bei jedem und von Kindesbeinen an zum normalen Leben dazu gehören und in Konfrontation bzw. in Abstimmung zu unserer jeweiligen Umwelt als Aufgabe erkannt, begriffen und gelöst werden wollen.

Die individuell gelöste Aufgabe lässt uns weiterkommen, die ungelöste hingegen – in Erik H. Eriksons Sinne gedacht – stagnieren, bedeutet womöglich sogar Regression, was so viel heißt wie „sitzen geblieben“ oder gar vom Leben zurückgestuft worden zu sein, um uns „das Rüstzeug für den zweiten Anlauf“ aus unseren Annalen zu holen. So verstehe ich das. Das ist auch Leben – Leben als Reifeprozess.

Übrigens.. auch die 50 an Jahren überschritten zu haben, kann so eine, „als Krise getarnte“, ganz normale Lebens- und Entwicklungsaufgabe für uns sein – wobei.. man sollte sich da auch nicht mehr als wirklich ist einreden lassen.

So ein runder Geburtstag z.B. hat mein Umfeld meist zu ganz merkwürdigen Bemerkungen angeregt (egal ob 30, 40 oder 50) – so in dem Sinne wie: „Na, und wie ist es so mit..? Alles okay bei Dir? Die meisten haben doch mit.. so ihre Probleme. Und Du?..“.

Erst dann habe ich jedenfalls über mein Älterwerden kurz nachgedacht – bis dato aber den Gedanken auch recht schnell wieder verworfen. Als würden sich mögliche Probleme an irgendeiner Zahl festmachen lassen..

Nein, wenn es mir gut ging, blieb es auch so und wenn gerade mal nicht so, haben die Art von „Denkanstößen“ auch nichts weiter gebracht. Also was soll’s.

Zurück zur genetischen Anlage der Temperamente

Sie wissen vielleicht, dass es da seit den alten Griechen diverse Ansätze gab, die sich als Charakteristika bis in den heutigen Sprachgebrauch hinübergeschleppt haben.

So spricht man in unserer Kultur seit Jahrhunderten vom vorschnell wutentbrannten Choleriker, dem tendenziell traurigen Melancholiker, dem antriebslosen Phlegmatiker und dem vor Lebenslust überschäumenden Sanguiniker – aus heutiger Sicht aber ohne jegliches wissenschaftliches Fundament, schon gar nicht genetisch nachweisbar und in dieser reinen 4er-Schubladentypologie wohl auch nicht weiter vertretbar.

dog-puppies-672881Andererseits kann jeder jederzeit bei einem größeren Wurf von Säugetieren beispielsweise oder auch beim Vergleich von unter ähnlichen Umständen aufwachsenden menschlichen Geschwistern feststellen, dass es da oftmals nicht nur größere Unterschiede in der körperlichen Grundkonstitution gibt,  sondern meist auch ganz unterschiedliche Typen des Wesens, der generellen Herangehensweise, also bzgl. der jeweiligen „Temperamentsfarbe“ von hause aus, sozusagen, im Ansatz beobachtbar – völlig natürlich und lang bevor eine individuelle Prägung durch das Umfeld überhaupt greifen kann.

Was die Hirnforschung heute wirklich nachweisen kann, ist eine..

unterschiedliche Reizschwelle der Gemüter!

Was den einen überhaupt nicht aus dem Konzept bringen kann, kaum zu berühren scheint, macht den anderen, ohnehin schon Nervösen noch unruhiger bis aggressiv. Schon bei Säuglingen lässt sich das an Hirnströmen, Blutdruck etc. nachweisen.

Was Langzeitstudien zudem herausgefunden haben ist, dass der im Ansatz Unruhige, von äußeren Reizen tendenziell Überforderte, im Laufe seines weiteren Lebens genau den anderen Weg wählt, seine Ruhe zu finden und neue Energie zu tanken.

Ebenso wie der, der von äußeren Reizen kaum beeindruckt scheint, in seinem weiteren Leben tendenziell auf die Jagd nach stärkeren und mehr Reizen in Form von vielen Kontakten und Unternehmungen geht – offensichtlich um genau so sein Gleichgewicht zu finden.

Und da haben wir unsere beiden charakterlich vordisponierten Grundtypen auch schon:

  • der Extravertierte mit seiner Neigung, sich im Außen Impulse, Anregung und neue Energie zu holen und
  • der Introvertierte, dem eher zeitlicher & örtlicher Abstand zum tobenden Geschehen wieder neue Energie, Durchsicht und innere Ruhe bringt.

Die Unterscheidung in dieser Form übrigens, gibt es erst seit Anfang der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts und wir verdanken sie dem schweizer Psychoanalytiker Carl Gustav Jung, einem Anhänger aber auch klugen Kontrahenten in wesentlichen Anteilen des bekannten Urvaters der Psychoanalyse, Sigmund Freud. Besagte Untersuchungen hingegen fanden in den letzten 20 Jahren des JETZT statt und halten als Langzeitstudie teilweise auch noch an.

Wichtig dabei aber:

Es sind keine 2 Schubladen, in die ursprünglich C.G. Jung die Menschheit damit steckt.

Vielmehr liegen Intro- und Extraversion auf einer Skala, auf der sich heute jeder selbst einordnen kann, und.. ebenso wichtig ist es:

Sein weiteres Verhalten, die ganz eigene Sicht der Welt auf dieser ersten Basis ganz individuell selbst auszubauen

ohne der ursprünglichen Veranlagung grundsätzlich, womöglich sich selbst verneinend, entgegenzusteuern, aber auch ohne ihr ergeben zu folgen oder sich gar von anderen in irgendeiner Ecke „festnageln“ zu lassen.

Und eines noch..

Introvertiert ist nicht schüchtern

Während Introversion als Neigung bereits im Mutterleib vorliegt (wenn dem jeweils so sein sollte), ist Schüchternheit als Merkmal das Ergebnis mangelnder Selbstsicherheit, also ein erlerntes Verhaltensmerkmal oder auch eine Fehlinterpretation vergangener, verunsichernder Erfahrungen bzw. eine daraus entstandene falsche Erwartungshaltung gegenüber (allem?) Künftigem.dog-173720

Als (falsch) interpretiertes Verhalten, ist Schüchternheit entstanden durch ungünstige Einflüsse der persönlichen Umwelt in Kindertagen, wie Ablehnung, Geringschätzung oder Verunsicherung durch die Eltern beispielsweise und hat Zweifel an sich selbst hinterlassen, die einfach nicht mehr verschwinden.

( s.  Entwicklung in der ersten 4 Lebensjahren )

Insoweit aber ist das mittlerweile zugrundeliegende Gedankengebäude der Unsicherheit im Kontakt mit anderen oder auch in fremden Situationen auch grundsätzlich wieder abbaubar und KEIN (!) fester Wesensbaustein.

Selbst wenn beides zusammentrifft, ein ursprünglich introvertiertes, in sich gekehrtes Kind, in seinem Temperament von Eltern & Umwelt missverstanden und ständig überfordert, bis für seine Zurückhaltung abgestraft ( was nicht selten in einander verschränkt auch so vorkommt) ..

Selbst dann ist es möglich, als Erwachsener diese Hemmungen als unbegründete „Self-fulfilling Prophecy zu entlarven, sich stattdessen in seinem gegebenen, ruhigen und zentrierten Wesen einerseits anzuerkennen, die speziellen eigenen Werte selbst schätzen zu lernen und andererseits nach außen hin wieder sich seines Selbst bewusst  auftreten zu können und damit die ewigen Gedanken des „Wenns & Abers“ feinsäuberlich zurück in die Vergangenheit zu schicken, wo sie einst herkamen und nun auch allein dort zurückbleiben können.

Das ist sicher eine ganz besondere, nicht leichte Entwicklungsaufgabe, die sich in dieser speziellen Konstellation stellt, aber auch das ist machbar und vor allem: Es lohnt sich seinen eigenen Platz auch endlich einzunehmen – immer! Man hat wirklich die Wahl!

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