Entwicklung zwischen den Extremen – Teil 2

Nun denken Sie vielleicht: “ Na prima, dann ist ja Einiges schiefgelaufen bei mir und: Ist ja wohl um die Ecke – ist halt so.“

Nein! Erikson versteht sein Modell nicht nur als Zick-Zack-Kurs zwischen „Plus- und Minuspol“ pro Stufe. Er sieht den ganzen Lebensweg und hat wohl in der Praxis erkannt, dass uns das Leben solange auf ungelöste Aufgaben stubst, bis wir’s nachholen – für uns.

Das schwante mir auch schon.. smile. Ich kann ihm nicht widersprechen.

Und natürlich, mir ging es und geht es hier & da nicht anders.  Was wär das auch für ein Leben, wenn alles nur glatt und easy wär? Gute Geschichten entstehen um Ungereimtes! Und echte Persönlichkeiten bilden sich nicht einfach mal so..

Stufe IV – Grundschulzeiten (7-11 Jahre)

Was begonnen hat, geht weiter – aber etwas langsamer, weil wir, neben Anforderungen & Reglement der Schule, nun auch damit zu tun haben, wie rasant ab sofort unser Körper wächst.

Weiterhin suchen wir Identifikationsfiguren und werden ware Meister im Imitieren von Erwachsenen. Um hingegen unseren eigenen Status Quo zu ermitteln, vergleichen wir uns jetzt ständig nur noch mit Unseresgleichen, nehmen dabei auch unsere geschlechtliche Rolle immer deutlicher ein.

Erfolg bedeutet ab sofort, besser sein als die anderen – vor allem – aber nicht nur in der Schule. Wir beobachten, dass damit unser Ansehen steigt und mit der besseren Leistung auch die Chancenlage weiterzukommen. Daher reißen wir uns jetzt um verantwortungsvolle Aufgaben und scheuen dafür auch nicht erste Formen von Arbeit.

Schulkinder_children-516340_1280Hält man uns sonst weiterhin den Rücken frei und stärkt uns, wenn wir ins Stolpern geraten, testen wir fleißig weiter, testen damit defakto unsere Kompetenz aus und fühlen uns dabei als ein wichtiges Glied in der Gemeinschaft Gleichaltriger.

Sind wir in der Schule aber eher als zaghafte Seele voller Selbstzweifel angekommen und haben selbst nicht mal einen Begriff davon, wer wir eigentlich sind, zementiert der Schulalltag unser unsicheres Selbstbild auch noch.

Wir fühlen uns meilenweit entfernt von den anderen, unfertig & unfähig im Vergleich und werden nur zu oft auch ganz real von den Anderen ausgegrenzt. Nicht selten „stricken“ wir uns daraus frustriert unsere „Sch..-Egal-Philosophie“ und wirken auch so – teilnahmslos.

Wenn wir tatsächlich mal etwas versuchen, geben wir oft schon auf halber Strecke auf.  So sich daran nichts ändert und niemand sehen will, dass wir auch noch da sind, schließen wir uns unseren Erfahrungen an, halten uns für minderwertig und erheben auch gar keinen anderen Anspruch mehr.

Das Spiel, das uns bis dato vielleicht noch geholfen hat, ist nun auch kein reines Spielen mehr, dreht sich letztlich um die gleichen Themen und kann uns kaum noch von unserem inneren Rückzug abhalten.

Stufe V – Das Ende der Kindheit (die Pubertät)

..ist ungefähr mit 12 Jahren erreicht. Eine erste Einheit von Körper & Seele dient als Fundament. Durch das Zusammenfließen innerer (Selbst-) Überzeugung und äußerlich wahrnehmbarer Kompetenz, kann man auf emotionaler Ebene jetzt bereits von einer selbstbestimmten Existenz sprechen. Kurz bevor die Pubertät beginnt, fühlt sich das gereifte Kind sowohl als Einheit wie auch verwurzelt in der Gemeinschaft Gleichaltriger, hat sich damit sein Gefühl von & für Identität aufgebaut, lt. Erikson.

Mit Einsetzen der Pubertät, der sicht- und spürbaren Veränderung zum Erwachsenen, wird der Ton rauher. Innerlich beschäftigt mit der Zukunftsfrage: „Was wird jetzt aus mir?“, stellen junge Jugendliche auch realita jede Menge Fragen, lassen sich nun nurmehr mit echten Antworten zufriedenstellen, gehen sonst in Protesthaltung und nehmen ihre ersten Machtkämpfe auf.

Mit Ihresgleichen wie mit Lehrern, Eltern & anderen Erwachsenen ringen sie jetzt um ihren künftigen Platz in der Gesellschaft und mit sich selbst um ihre persönliche Synthese aus ihren Werten und dem sozialen Rollenbild, der sowohl Raum für die eigenen Fähigkeiten bieten soll als auch in der Erwachsenenwelt bestehen muss.

Der reifende Jugendliche spürt,..

dass er sich jetzt ganz besonders wappnen, sich von den Maßstäben seines gerade abgeschlossenen Kindheits-Ichs bald wieder trennen muss. Instinktiv überprüft er seine alten Vorstellungen und in der Vergangenheit adaptierten Rollenbilder auf Tauglichkeit für den nächsten Schritt.

file0001167153538In sozialer Hinsicht verknüpft er sich immer enger mit aktuellen & maßgeblichen Orientierungsfiguren und pflegt seinen Freundeskreis, um sein Selbstbild wie seine Einschätzungen für die Zukunft mit und an denen der Anderen zu messen.

Letztlich macht er sich in dieser Form bereit, weil er ahnt, dass es ihm nur mit der Vielfalt dieses aktuellen Repertoires gelingen kann, den Glauben an seine offene und tragfähige Zukunft zu entfalten. Was er tut ist: Seine reale Ich-Identität zu  suchen & zu begründen.

Und weil wir alle wissen, mit wievielen unterschiedlichen Fragen, Erfordernissen, Konsequenzen und natürlich immer auch Ängsten zu scheitern diese Jahre verbunden sind, begrüßt es Erikson, wenn Jugendlichen die Zeit eines Moratoriums zugestanden wird.

Den Begriff im psychosozialen Bereich hat Erikson sogar selbst geprägt. Was das bedeutet und wo hier der Passus zu den weniger glücklich in der Pubertät Angekommenen geblieben ist, finden Sie im nächsten Beitrag.

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