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Wir sind alle keine Engel..

Das klingt banal. Vielleicht aber hat der Satz an Substanz & (Gleich-?)gewicht in sich gewonnen, wenn Sie meinen letzten Artikeln gefolgt sind und mit diesem hier der Exkurs in die Quellen des Bösen im Menschen jetzt sein Ende findet.

Es wird Zeit,

schließlich ist Sommer und dieser Blog möchte lediglich Klarheit schaffen, um hiernach weiterzugehen.

Sogen. reine Schwarz-Weiß-Denke, wie sie uns die Moral diktiert, war hinderlich, die möglichen Zusammenhänge zu erkennen! Das möchte ich aus hiesigem Vorfeld festhalten.

Erst der Blick in „die Ecken“ dieser beiden rigorosen Riesenschubladen von Gut & Böse“ zeigt dem Einzelnen, wo mancher Irrweg überhaupt begonnen haben kann, wo er „Futter“ findet und lässt hier & da auch schließen, wo dieser Weg wohl enden könnte. Wenn.., ja wenn wir auch in jene Ecken und auf die Übergänge schauen..

Und genau dafür gibt es diesen Blog, um allgemein & aktuell – wenn Sie wollen gern auch persönlich – nachzuhaken, wo wir stehen, um damit individuell umzugehen.. mit einem guten Bauchgefühl!

Ich bin aber noch nicht am Ende der Exkurses. Offen blieb bisher die Frage, wie aus hiesiger Sicht kollektive Dynamiken entstehen, die die Bösartigkeit wie ein Welle auf der Kraft der Masse tragen. Beginnen wir mit der Panik.

Massenpanik

college-football-183266_1280Die meisten werden Anklänge dieser Dynamik bereits erlebt haben, in & vor Fußballstadien,  auf Konzerten, in engen, vollbelegten Großkinos oder Clubs, auf Demonstrationen – wo auch immer.

Es reicht bereits, wenn Wenige eine reale Gefahr oder Bedrohung für sich erkennen. Der Funke der Furcht“ breitet sich sofort wie eine Lawine aus und im gleichen Moment, denkt nahezu jeder nur noch an sich selbst!! Nein falsch, denken tut der Einzelne da keineswegs – nicht wirklich.

Panik ist der klassische Fall, der in den meisten von uns abermals das archaische Programm reflexartig starten lässt: Wir haben Angst, Angst um unser Leben, rennen, wenn wir können, kämpfen, wenn wir es dafür müssen oder bleiben regungslos am Boden liegen, wenn der drängende Druck der Menschenlawine uns niederstrecken konnte.

Kampf-Flucht-Erstarren

Amygdala & Reptiliengehirn übernehmen nahezu flächendeckend die Regie.

crowd-533376_1280Unsere kognitive Ebene, die Hirnrinde, wird in diesem Stadium unterversorgt. Stattdessen fließen Blut, Sauerstoff & Botenstoffe in die Kraft unserer Bewegung und meist nur diejenigen, die sich sozial  gebunden, sich verantwortlich fühlen, agieren wirklich, überlegen blitzschnell, was jetzt zu tun ist, wachsen teils über sich hinaus.  Das ist das eine.

Wie aber schaffen es seit Jahrhunderten Monarchen, Diktatoren, die Kirche & jeder einzelne Feldherr, die Massen zu motivieren, ihr Leben freiwillig, teils sogar mit Begeisterung auf’s Spiel zu setzen und Anderen das ihrige zu nehmen?

Kriegsmotivation der Masse

Es braucht einen lebenswichtigen Grund, die gesellschaftliche Moral zu beugen und das weltweit existierende Tötungstabu (des Friedens) nicht nur zu brechen sondern in sein Gegenteil zu verkehren – einen Grund, der alle betrifft!

Der Trick ist ein simpler & hoch manipulativ:

Wenn Töten auch im Frieden allein in Notwehr in unseren zivilen Köpfen denkbar ist, so muss der Gegner – auch bei einem geplanten Angriffskrieg (!) – zum bösartigen Feind erklärt werden, der den Staat, das Volk in seinem längerfristigen Überleben und/oder in seinen höchsten Werten massiv bedroht.

Ganz getreu des Schubladensystems in Schwarz & Weiß, steckt die Kriegspropaganda den Gegner – demonstrativ & für jedermann unübersehbar in die „schwarze, die böse Lade“, reißt auch „die letzte Faser der weißen Weste“ hierfür ans eigene Revers, während sie die anzusprechende Masse zum (potentiellen?) Opfer des Feindes erklärt, dass sich so „nur“ verteidigen müsse und schon allein deshalb das moralisch Anerkannte, somit das Gute vertrete.

Soweit, so „gut“. Subtil wird’s, wenn man schaut, wie das optimal gelingt und sich sogar mit der existierenden Friedensmoral untrennbar verbindet..

„von Gottes Gnaden.“

Ein Blick in die Geschichte zeugt von der dauerhaften Verbrüderung der weltlichen & der geistlichen Macht – nicht nur des lieben Geldes wegen.

clouds-345470_1920Ein gekröntes Haupt, von der herrschenden Kirche legitimiert, vertrat als Autorität an der Spitze hierarchisch organisierter Staaten somit auch die übergeordnete, absolute Moral – die Macht & die Moral der Götter, „die auch das Schicksal lenkt“.

So war die traditionelle Verbindung. Darin lag das ideologische Rüstzeug, das den kämpfenden Truppen nicht nur die Legitimation verschaffte, sondern sie auch mit der Zuversicht ins Nirwana des Krieges schickte, von „höchstmöglicher Warte“ gesegnet & beschützt, auf der richtigen Seite und für das einzig Gute zu kämpfen – so z.B. auch die Kreuzzüge.., weiter gedacht bis in Kolonialzeiten usw.

Im 20. Jht. haben sich viele religiöse Mächte von den weltlichen entfernt. Fast alle bedienen sich aber immer noch des gleichen Prinzips – ideologisch wie strukturell. Erschreckend Vieles hiervon finden wir noch heute bei terroristischen Gruppen diverser Fundamentalisten und es sieht nicht so aus, als würde sich daran etwas ändern – ganz im Gegenteil.

duomo-di-napoli-483115_1920Stattdessen kommt mir manches vor, als wären mittelalterliche Inquisitionszeiten wieder erwacht, in denen auch unsere Kirche einst frühzeitig bewiesen hatte, dass sie auch allein, ohne weltlichen Schulterschluss, sehr wohl die eigene Moral kurzerhand „über den Jordan schießen kann“ .

Mangels „göttlicher Lizenz“ seither,

greifen rein weltliche Kriegstreiber hingegen noch tiefer in „die  einst teuflische Schublade“, setzen einerseits auf systematische Enthumanisierung des Bildes vom Feind. Andererseits arbeiten sie noch gezielter mit ihren Strukturen.

union-station-62920Hitler hat es vorgemacht, hat sich der pathologischen Züge des Gehorsams & der blinden Treue in autoritären Strukturen bedient, hat ein Feindbild der lebensunwürdigen und alles Gesunde bedrohenden Abartigkeit & Widerwärtigkeit proklamiert (Emotion: Ekel?), gegen das es sich (und die ganze Welt) zu beschützen galt.

Dafür hat er die Medien unter Kontrolle genommen, systematisch die ganze Bevölkerung, Männer, Frauen & Jugendliche, jeweils in Gruppen zusammengefasst und runners-752495_1280dort mit dem Phänomen von Gruppendynamik & Gruppendruck („das machen ja alle..“) + der eigenen Ideologie gearbeitet sowie alle ausführende Gewalt so weit auseinanderdividiert und abermals aufgesplittet, dass es die Verantwortung „zerriss“ bzw.  diese faktisch kaum mehr rückverfolgbar war.

Remscheid_-_Bushaltestelle_Paulstraße_07_iesZusammen mit den Überlegungen von Arno Gruen zu dieser Thematik, die Sie sich an dieser Stelle (s. Artikel zu Autorität, Gewalt & Gehorsam)nochmals vergegenwärtigen sollten (leider auch wieder im INTRO, nur per LogIn einsehbar), war das die perfekte Kombination, aus Deutschland ein Land willfähriger Lakaien zu machen, bei deren Schuld es bis heute schwerfällt, sie eindeutig auf den Einzelnen zurückzuführen!

Und wenn Sie es genau betrachten, lässt sich nach mindest einem dieser doppelzüngigen Winkelzüge letztlich Vieles durchleuchten..

„Ausnahmen der Moral“

Denken Sie an die Lynchjustiz eines aufgebrachten Mobs. Denken Sie an sensationshungrige Gaffermengen, die ausufernder Gewalt einfach nur gebannt zuschauen – ohne Zivilcourage, ohne Hilfereflex -stattdessen damit die Gewalt unterstützen oder lebenswichtige Rettung blockieren.

Denken Sie an die nicht aussterbende „Spezies“ der Mitläufer & Denunzianten, die nicht schert, was ihr Paktieren für Andere bedeutet, oder an flächendeckenden Stromausfall, Plünderungen & Schlimmeres und an all die anderen Formen anarchieartiger (Ausnahme-)Zustände, in deren „rechtsfreiem Raum“ Menschen zu raubenden, vergewaltigenden & tötenden Bestien inmitten eben dieses gaffenden Publikum werden. Als hätten sie alle nur darauf gewartet.

Radern_(Variante_mit_Eisenstange)Auch wenn die Todestrafe zuguterletzt auf einem anderem Blatt geschrieben scheint und der Ruf nach Gerechtigkeit der Angehörigen mir mehr als verständlich ist. So erinnert sie mich doch immer wieder an grausamste Pranger- & Hinrichtungsszenen des Mittelalters und ist ihr öffentlich demonstrativer Charakter erbärmlich – für den Verurteilten, die Schaulustigen, aber auch für den Staat selbst. Das halte ich für falsch und das eben nicht „nur“, weil es Justizirrtümer gibt..

Nein,  vielmehr deshalb, weil nach meiner Meinung allein schon der Beruf des Henkers ein unzumutbarer ist, den wir nicht brauchen, weil niemand das Recht hat, Gleiches mit Gleichem zu vergelten & „keine Uhr damit zurückgedreht werden kann“.. Eher wird mit dieser speziellen „Ausnahme der Moral“ ein Denken (unfern der destruktiven Rache) aufrecht erhalten, das abermals „das Tor aufstößt“, welches uns von den Werten des Friedens  immer wieder forttragen wird.

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