Ertappt - Pinocchio

Ertappt!

ein ungutes, ein mieses, beklemmendes Gefühl irgendwo zwischen Brustkorb und Magengegend und sofort beginnt die „Birne zu rattern“.. Was sag‘ ich? Was mach‘ ich jetzt? Wie bekomm‘ ich das jetzt wieder hin?

Wir haben unerlaubtes Terrain betreten, geltendes Recht, die Norm verletzt, keinen kleinen Fehler gemacht. Wissentlich oder nicht – egal – peinlich, entblößend ist es in jedem Fall.

Vielleicht haben wir gelogen, ein wenig geschummelt oder „nur“ nicht die komplette Wahrheit erzählt. Dann wussten wir es schon lang, haben es wissentlich initiiert, den schnellen Vorteil gesucht oder waren „lediglich“ bemüht, unnötige (?) Komplikationen zu vermeiden.

Jetzt aber ist man uns draufgekommen oder es steht kurz davor! Das verändert alles. Es geht uns nicht gut! Wir sind, wir fühlen uns in Zugzwang..

Sofort wird abgewogen, welche „Wahrheit (?)“ nun das geringste Übel verspricht. Geben wir rundum zu, was der Plan war und warum? Oder versuchen wir uns herauszuwinden, schnell Plan B (oder doch C?) nachzuschieben, möglichst glaubhaft & ruhig dabei zu wirken, abzulenken, am besten gleich den ganzen Schauplatz zu verlagern, womöglich auf ein anderes „Opfer“? Nur nicht wir!

Wer kennt das nicht?

Von Kindesbeinen an sind wir verführt, den Weg des (scheinbar) geringsten Widerstandes zu gehen. Je straighter wir vorwärts kommen wollen und je pfiffiger, je freiheitsliebender wir sind, aber auch je unsicherer oder zu Unrecht benachteiligt & eingeengt wir uns auf geradem Wege fühlen – umso mehr.

Ein Teil davon ist sogar gesellschaftlich toleriert. Ganze Berufszweige tummeln sich mittlerweile im Pool der scheinbar legitimen Halbwahrheiten und verdienen nicht schlecht dabei – Geld & Ansehen! Beurteilt werden sie oftmals erst anhand ihres Erfolges und dann plötzlich gilt: Der Zweck heilige die Mittel..

Ich kenne das natürlich auch..

Als Lütte unter strengem Vaterregiment fand ich es nur gerecht, mir ein wenig mehr Freiheit mit mancher Notlüge zu ergattern. Als Jugendliche ließ ich öfter mal die Hälfte der Wahrheit weg und als angehende Abiturientin, frisch daheim ausgezogen, genoss ich es regelrecht, mich ab 18 selbst entschuldigen zu dürfen. Letzteres fand ich wunderbar.

Aber nicht nur zu Schul- und Jugendzeiten – auch später, in Sturm & Drang sozusagen, blieb ich nicht immer ganz bei der Wahrheit, dort aber schon mit einem eher grummligen Beigeschmack. Doch das Köpfchen hatte seine Rechtfertigung schon parat – teils wollte ich mir weiterhin meinen Freiraum sichern, teils aber auch fand ich es richtig, um andere zu schonen, nicht unnötig zu verletzen oder zu enttäuschen. Das ist normal – würde ich mal sagen – und ich will hier bestimmt nicht päpstlicher sein als der Papst.

Heute aber, und das jetzt seit über 25 Jahren, gehe ich doch etwas anders damit um, fühle mich wesentlich wohler, aufrechter – einfach echter, auf die Lüge und manchen, nicht ganz so legitimen Kunstgriff zu verzichten. Das hat beileibe nicht sofort geklappt. Einiges, was damit zusammenhing, hat doch noch so einige Jahre gedauert.

Spätestens aber seit ich Mutter wurde,

hat sich da etwas in mir verändert, wurde die Wahrheit wichtiger als der vermeintlich einfachere Weg. Und das erleichtert! Der Zwiespalt ist weg. Es gibt kein davor, kein während und auch kein nach der Entscheidung in dieser oder jener Situation mehr. Die Entscheidung ist gefallen, der Inhalt ist klar. Lediglich an der „Verpackung“, in Zeitnuancen, an Ton- und Wortwahl kann man jetzt noch feilen. Dabei aber, geht es einem gut.

Witzig nur, dass einem heute solch‘ Ehrlichkeit kaum mehr abgekauft wird. Das begegnet mir nicht selten. Trotzdem!  „Der Blick in den eigenen Spiegel“ und wie es mir heute damit geht, ist und bleibt mir wichtiger als die Zweifel der anderen.

nach oben zum Bild | „Wurzeln der Lüge“ | „Lügen oder Verlässlichkeit“

Schreibe einen Kommentar